Tobias Merz leitet Seelsorgeeinheit / Studierter
Betriebswirt hängt Job an den Nagel und findet Weg zu Gott und
zu den Menschen / Musik als Steckenpferd
"Pfarrei als Heimat mitgestalten"
Gaggenau - "Meine ersten Eindrücke hier waren
positiv. Ich bin sehr herzlichen Menschen begegnet, so dass ich den
Eindruck habe, sie freuen sich auf mich. Sie betreten genauso Neuland
wie ich", sagt Pfarrer Tobias Merz. Seit der vergangenen Woche
leitet er die Seelsorgeeinheit St. Lau-rentius, St. Josef und St. Marien.
Am kommenden Sonntag wird er im Rahmen eines Gottesdienstes in der Josefskirche
offiziell begrüßt, eine Woche später in der Pfarrkirche
St. Laurentius in Bad Rotenfels.
"Ich freue mich auf die Arbeit hier", erklärt
er im Gespräch mit dieser Zeitung. Das Feld sei gut bestellt, und
"wir haben ein sehr gutes Team". Gemeindeassistent Steffen
Reich und Diakon Matthias Richtzenhain unterstützen den 41-Jährigen
in seiner Arbeit als Leiter der Seelsorgeeinheit.
Priester wurde Merz nicht auf direktem Weg: Nach dem Abitur in Langensteinbach
- er wuchs im Albtal, in Waldbronn-Busenbach, auf - studierte er an
der Berufsakademie Betriebswirtschaft. Angestellt war er beim damaligen
Badenwerk, wo er sieben Jahre lang arbeitete. Doch als sein Cousin seinen
Beruf an den Nagel hing, um Priester zu werden, setzte auch bei Tobias
Merz ein Prozess religiöser Neubesinnung ein. "Da hat einer
angefangen, den Glauben richtig ernst zu nehmen, und die anderen angesteckt",
erinnert er sich an eine Zeit, in der er viel über die Ziele des
Lebens nachdachte und in einem Gebetskreis aktiv war.
Letztlich waren es zwei Cousins und sein Bruder, die sich für diesen
Weg entschieden -und er selbst. "Ich komme aus einem ganz normalen
katholischen Elternhaus", betont er, dass dieser Weg keineswegs
vorgezeichnet war. 1993 kündigte er seinen Job und zog sich ein
halbes Jahr lang in ein Kloster zurück, "weil ich nicht genau
wusste, wie es weitergehen sollte".
Eine Zukunft als Missionar in Sibirien hätte er sich genauso gut
vorstellen können wie ein Leben im Kloster. "Ich war für
alles offen." Die Begegnung mit einem jungen Priester half ihm
schließlich bei seiner Entscheidung. "Der war einfach sehr
normal. So normal, dass ich dachte: Das würde ich mir auch zutrauen.
Zumindest könnte ich das mal probieren." Mit dieser Motivation
ging er nach Freiburg, um im Collegium Borro-mäum Theologie und
Philosophie zu studieren.
Erfahrungen mit Priester-WG gesammelt
Ein Jahr seines Studiums verbrachte er in Lyon, und sein
erstes Gemeindepraktikum absolvierte Merz in Mannheim, wo er das Modell
"Priester-WG" kennen lernte. In Bad Rotenfels lebt er nun
mit Pfarrer Jürgen Reuss, der mit dem kommenden Schuljahr ein volles
Deputat am Ludwig-Wilhelm-Gymnasium in Rastatt hat, in einem Haus.
Sein Studium beendete Merz 1998, die Diakonweihe folgte 1999. Nach seiner
Tätigkeit als Diakon in Offenburg wurde er 2001 zum Priester geweiht.
Als Kaplan wirkte er zunächst in Achern und dann zwei Jahre in
Bad Säckingen. "In dieser Funktion hatte ich noch Schonzeit",
erklärt er mit Blick auf die Verwaltungsaufgaben, die nun seine
Tätigkeit mit prägen werden. "Ich freue mich darauf,
als Pfarrer selbstständig Ideen einbringen zu können",
sagt er. "Ein Anliegen sind mir Familien und Kinder."
Deshalb sei es ihm wichtig, in die Schule zu gehen - er wird an der
Hebelschule sowie an der Eichelbergschule unterrichten. Auch die Ministrantenarbeit
sei ihm wichtig. Ebenso liegen ihm die älteren Menschen am Herzen.
"Gott sei Dank gibt es eine sehr erfreuliche Vorarbeit, an die
ich gerne anknüpfen werde."
Sein Ziel: "Ich will die Pfarrei als Heimat mitgestalten."
Er habe festgestellt, dass viele Menschen unter der Veränderung
der Gesellschaft leiden, unter einem ständig wachsenden Druck.
Als Heimat sieht er den Gottesdienst, aber auch die vielen verschiedenen
Gruppen, in denen sich die Menschen engagieren können.
Auch will er Menschen erreichen, die den Kontakt zur Kirche verloren
haben. "Ich denke da an einen Glaubenskurs", so Merz, der
in seiner Mannheimer Zeit Erfahrungen auf diesem Gebiet gesammelt hat.
"Gottesdienste haben für viele eine hohe Schwelle", weiß
er von Menschen, die keinen Draht (mehr) zur Kirche haben. Eine Möglichkeit,
Menschen anzusprechen, sieht er in der Kultur. Sein persönliches
Steckenpferd ist die Musik.
Als Jazzpianist spielte er nicht nur im Landes-jazzorchester,
sondern gründete auch ein Jazz-Trio. Und: "Im Religionsunterricht
habe ich mein kleines Keyboard immer dabei." Der Begrüßungsgottesdienst
beginnt am Sonntag um 10 Uhr in der Josefskirche.
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